Kennen Sie das? Manchmal, wenn ich in einer silbernen Vollmondnacht zu lange wach im Bett liege, beginnen sich die Schatten zu verdichten. Man sagt, es wären die müden Augen, welche nicht mehr das vollständige Bild aufzeichnen könnten, und dass das Gehirn die fehlenden Bilder zu ergänzen versucht, was aber wegen der nahenden Träume misslingt. Habe ich mir auch eingeredet. Doch das Adrenalin weckt mich, wenn ich zu unheimliche Dinge in den Schatten entdecke. Das Adrenalin schärft umgehend die Sinne. Natürlich ist man nachher müde, aber wenigstens sieht man wieder, dass in der Dunkelheit nur Dunkelheit und vielleicht Staub liegt. Man zündet das Licht an, und sieht, dass da nichts ist. Anders war es letzte Woche. Ich sah, wie sich etwas zwischen die Schatten drängte. Ein kleines Tier, vielleicht einer Maus nicht unähnlich. Aber es hatte zu grosse Augen. Und deren drei. Verwirrt blinzelte ich für eine Weile zwischen den Augen hin und her. Ich schloss auch meine Augen, öffnete sie wieder. Ich hätte Licht gemacht, um meine Sinne zu prüfen, doch bevor ich mich aus meinem Bett erheben konnte, sprach das Wesen in einer angenehm tiefen Stimme. Es lockte mich in einer Sprache zwischen die Schatten. Schattenpfad. Ich solle ihm folgen. Dem Pfad im Schatten? fragte ich. Nein, sagte das Wesen, dem Pfad zwischen den Schatten. Wohin führt er? fragte ich. Das Wesen sagte nichts. Es lockte weiter. Meine Zimmertür öffnete sich, und mit dem Licht, das vom Gang hereinbrach, verschwanden die Schatten, und damit wohl der Schattenpfad und das Wesen, das durch ihn gekommen sein mochte.