Dehlia wurde mit 19 schwanger, von Martin, den sie jedoch, seit dieser einen Nacht, nie mehr gesehen hatte.
Martin war auf Durchreise.
Dehlia hofft, dass Martin hier wieder einmal durchreisen wird.
Vielleicht kommt er ja zurück zu mir. Das denkt sie oft, wenn sie alleine unten am Hafen steht, und sehnsüchtig über das offene Meer hinaus träumt.
Martins Schiff ist schon vor Jahren auf Grund gelaufen. Vor Rimini. Bei schönem Wetter, bester Sicht und wenig Seegang. Keiner der Besatzung überlebte dieses wirklich dumme Missgeschick des Steuermanns.
Martin ertrank jämmerlich. Ein kleiner Junge fand seinen aufgedunsenen Körper, an der Ostküste Korsikas. Bei schönem Wetter. Die Leiche stank.
Ein paar Fischer verscharrten Martins Überreste im Sand. Sie fluchten fürchterlich. Martin stank grässlich. Statt mit Blumen belegten sie das Grab mit toten Fischen. Der Geruch war ihnen vertrauter.
Dehlia stand auch gestern Abend wieder am Hafen.
Ein alter Fischer, der schon seit Jahren nicht mehr zur See fährt, erzählte ihr die Geschichte vom stinkigen, toten Matrosen, den er eines Morgens am Strand fand. Der Fischer war damals noch jung. Ein kleiner Junge.
Dehlia hörte ihm nicht wirklich zu, nickte ein paar mal, und träumte weiter übers offene Meer hinaus.
"Martin hat so gut gerochen", sagte sie dann leise zum Fischer und lächelte.
"Nach Meer und Freiheit. Er wird zurück kommen."
Dehlia wird auch heute Abend wieder träumend unten am Hafen stehen. Und auch heute wird Martin nicht zurück kommen.