Grossmütter sind toll. Ich liebe Grossmütter. Liebe Grossmütter sind toll. Scheiss auf Dani. Tolle Grossmütter sind lieb. Grossmütter leben immer im Berner Oberland oder am anderen Ende des Dorfes und schicken ihrem Enkel ein Zehnernötli zum Namenstag. Aber nur wenn der Enkel auch lieb war. Und nur wenn der Enkel ein Dankesbriefchen geschrieben hat für das Zehnernötli vom letzten Mal. Und Grossmütter haben immer Rivella im Keller und Elmer Citro, in Einliterflaschen aus Glas, die es nur noch im Volg zu kaufen gibt oder im Primo oder im Visavis oder in den Antroposophen-Tante-Emma-Läden-Verschnitten in Basel, die von aufgeweckten Mitte-Dreissigern geführt werden. Und die aufgeweckten Mittedreissiger wählen traditionell links-sozialdemokratisch, genauso wie Pipilotti Rist, und Pipilotti Rist liegt auf einem Sofa im Heilsarmeebrockenhaus in Zürich und trägt etwas undefinierbar gelbes und plötzlich habe ich keine Angst mehr vor Pipilotti Rist.
Früher hatte ich Angst vor Grossmüttern, denn Grossmütter klingeln immer bei einem zuhause und beschweren sich beim Vater, dass man sie nicht gegrüsst hat im Volg, aber das mit der Jugend von heute erwähnen sie nicht, weil Grossmütter stehen über den Klischees. Sie haben ja schliesslich auch den Krieg überlebt und auch den Sturm Lothar.
Und Grossmütter trinken immer Incarom Kaffee, Natürliche Milde, und im Wohnzimmerschrank, ganz oben links, verstecken sie immer eine Tafel Milchschokolade, falls der Enkel zu Besuch kommt. Der Enkel kommt nicht zu Besuch. Weil er doch woanders wohnt. Am anderen Ende des Dorfes, und die Grossmütter sitzen am Küchentisch und lesen die Zeitung, es Blättli, und Grossmütter lesen die Todesanzeigen im Blättli und suchen nach Todesanzeigen von jungen Leuten, Jahrgang 1960 und aufwärts, und manchmal finden sie eine Todesanzeige von einem jungen Mann vielleicht, Jürg Haudenschlagen, Jahrgang 1975, Viel zu früh wurdest Du aus unserer Mitte gerissen, ... werden Dich nie vergessen, und dann sind die Grossmütter traurig und haben ein Mitgefühl. Und wenn die Grossväter noch am Leben wären, würden die Grossmütter ein Mitgefühl haben und ein bemitleidendes uii-nein, hesch da gläse artikulieren, da am Küchentisch, und den Grossvätern die Todesanzeige rüberreichen oder vorlesen und den Kopf schütteln und die Grossväter würden in den Keller gehen und ihren Karabiner polieren.
Grossmütter sind toll. Ich liebe Grossmütter. Grossmütter gehen in die Ferien, einmal im Jahr, einmal pro Jahr gehen sie in die Ferien mit dem Reisecar, mit dem Fünfsterne-Luxus-Reisecar von Rapold-Reisen fahren sie in die Toskana, aber Grossmütter gehen nicht auf Kaffefahrten. Grossmütter machen keine Kaffeefahrten. Niemals würden Grossmütter auf Kaffefahrten gehen, weil Grossmütter sind toll und Grossmütter sind lieb und ich liebe Grossmütter und es soll mir ja keiner kommen, weil Grossmütter haben verdammtnochmal dem Lothar standgehalten, und soll mir ja keiner kommen von wegen ist ja klar, mit den Stützstrümpfen, weil Grossmütter hassen Stützstrümpfe und Grossmütter stehen über den Klischees. Ich liebe Grossmütter.
Und die Grossmütter steigen langsam ein in den Fünfsterne-Luxus-Reise-Car von Rapold Reisen und Herr Rapold begrüsst alle persönlich und die Grossmütter werden ein wenig rot, weil der Herr Rapold ist doch so schön braungebrannt und Herr Rapold ist jung und Herr Rapold hat seinen eigenen Fünf-Sterne-Reisecar, wo sein Name draufsteht. Rapold steht da drauf.
Und Grossmütter schreiben ihren Enkeln Postkarten aus der Toskana. Grossmütter kaufen aber keine Postkarten im Tabakladen neben dem Hotel, sie kaufen sich keine solchen Postkarten aus integrierter Produktion, wie es die antroposophischen Mitte-Dreissiger aus Basel tun, nein. Grossmütter warten an der Rezeption bis grade keiner kuckt und nehmen sich einen Stapel von den Gratis-Postkarten, auf denen man das Hotelfrüstücksbuffet sehen kann.
Grossmütter sind schlau. Grossmüter sind toll. Grossmütter sind lieb. Ich liebe Grossmütter.
Dass mir ja keiner meine Grossmütter anmacht, ja, dass mir ja keiner meine Grossmütter anmacht.
Und Grossmütter gehen in die Migrosklubschule, immer am Mittwoch von fünf bis sieben, und da lernen sie rumänisch. Sie lernen rumänisch, hörst Du Dani, die Grossmütter lernen rumänisch jeweils am Mittwoch von fünf bis sieben, weil um halb acht müssen sie ja wieder daheim sein im Wohnzimmer und dann sehen sie irgendeinen schlecht geschnittenen Bericht über Pipilotto Rist und Grossmütter haben auch keine Angst vor Pipilotti Rist, sie haben noch nie Angst gehabt vor Pipilotti Rist, und wenn eines Tages Pipilotti Rist stirbt, wird es sicher keine Todesanzeige geben im Blättli, weil Pipilotti Rist nicht in irgendeinem Blättli stirbt, nein, Pipilotti Rist stirbt im gottverdammten Tagesanzeiger und in der NZZ, und zwar stirbt sie da gottverdammte drei Seiten lang. Und die Grossmütter werden nicht traurig sein müssen, und die Grossmütter sitzen am Küchentisch und trinken Rivella, hörst Du Dani, Grossmütter trinken Rivella oder Elmer Citro und zwar aus Glasflaschen, Grossmütter trinken keinen Weisswein, Grossmütter trinken keinen Weisswein.
Nächsten Monat ist wieder Namenstag.